Wir springen mittenrein in die Welt des topaktuellen HipsterFoods. Aber hier ausnahmsweise mal zu recht, denn Pulled Pork ist wunderbar abwechslungsreich, wunderbar lecker und wunderbar einfach.
Doch erst etwas Theorie.
Warum heißt das "Pulled Pork" eigentlich Pulled Pork? Fangen wir beim Ringelschwanz an. Also hinten. Beim Pork. Es geht um Schweinefleisch. Jawoll. Und das wird so lange und so schonend gegart, dass man es danach ganz lässig und stressfrei mit zwei Löffeln oder den Fingern auseinander zupfen kann. Und zupfen ist im wesentlichen das gleiche wie ziehen und ziehen heißt auf englisch "to pull". Voila: Pulled Pork! Was neben vernünftigem Fleisch die wichtigste Zutat ist, das ist Zeit! Pulled Pork ist kein Hektiker-Gericht.
DAS FLEISCH
Wie immer, wenn es um Fleisch geht, ist die Qualität wichtig. Es handelt sich um ein Lebewesen und um ein Lebensmittel. Und das erfordert Respekt. Fetten Respekt. ReSPECKt. Also nicht beim Fleisch sparen sondern ein schönes Bioschwein kaufen. Gerne ein Duroc. Oder, wenn es besonders edel sein darf: ein Iberico. Das Iberico-Schwein lebt sein ganzes Leben lang draußen und frisst Eicheln.
Welches Stück nimmt man da denn nun? Ich finde, am besten funktioniert es mit einem Nacken. Der Schweinenacken ist schön fett durchzogen und wird butterzart! Es klappt auch auch mit Kombinationen - zumBeispiel Schulter und Bauch - doch zur Wiederholung - mein Tipp: Nacken!
Und, ebenfalls zur Wiederholung - sprechen Sie mir nach: Ich werde kein Billigfleisch kaufen! Bitte!!
DIE VORBEREITUNG - DER RUB
Bevor das Fleisch irgendeine Form von Hitze sieht, bekommt es eine Massage und ein Peeling. Dazu wird eine Gewürzmischung in das Fleisch massiert und diese Gewürzmischung macht man natürlich idealerweise selbst. Bei der Zusammenstellung kann man sich austoben und rumexperimentieren.
Mein Basis-Rub stellt sich aus folgenden Zutaten zusammen, die ich einmal gründlich durch den Mörser jage (das reicht locker für einen 2 Kilo Nacken - und ein 2 Kilo Nacken reicht für etwa 8 bis 10 wirklich Hungrige):
- 2 Sterne Sternanis
- eine guuute Prise grobes Meersalz
- 1 Knoblauchzehe
- 1 Chilischote
- 1 TL Koriandersamen
- 1 TL Senfsamen
- 1 EL schwarze Pfefferkörner
- 2 TL brauner Zucker (am besten: Kokosblütenzucker)
Was sich auch immer gut dazu macht ist Ingwer.
Die gut durchgemörserte Mischung ordentlich in das Fleisch massieren und dann 2 Stunden in Ruhe lassen.
Soll das Fleisch in den Ofen und nicht auf den Grill, dann gebe ich dem Rub noch eine ordentliche Prise Rauchsalz und einen EL spanischen Räucherpaprika dazu.
WIE KOCHT MAN DAS?
ACHTUNG: Wer es einfach und unkompliziert haben will, der scrollt bitte gleich zu Variante
B - ZUBEREITUNG IM OFEN.
A - BBQ
Klassisch ist die Zubereitung auf dem Grill. Im Rauch. Oh jaaaaaa. Gegrillt wird indirekt - idealerweise auf einem Smoker oder in einer Kugel.
In der Kugel heize ich eine Seite ein und Stelle in die Mitte eine Schale mit Wasser und einem guten Schuss Essig. Über die Schale kommt das Fleisch auf den Rost und auf die Kohle kommen eingelegte Holzspäne. Ich nehme HickorySpäne, die ich ich vorher in Apfelsaft, Essig und Wasser einlege (das kann man schon am Tag davor). Die Holzspäne müssen feucht sein, damit sich Rauch entwickelt. Deshalb heißt es ja auch "smoken".
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Links die Kohle, rechts die Wanne mit Wasser und einem Schuss Essig |
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Fleisch über die Schale |
Das Smoke ist aufwändig und dauert mindestens 12, gerne aber auch mal 20 Stunden - das hängt vom Fleisch, der Temperatur, der Erdkrümmung, der Außentemperatur, der generellen Gammastrahlung und wasweißichnochalles ab.
Wichtig ist: Nicht die Panik bekommen und Ruhe bewahren!
Sinnvollerweise piekst man ein Fleischthermometer in den Nacken. In den auf den Grill, nicht in den eigenen - wie sind Sie denn heute drauf ... bitte KONZENTRIEREN SIE SICH! ... danke!
Ziel ist es schön langsam bei einer Innergrilltemperatur zwischen 100 und 120°C eine Kerntemperatur zwischen 88 und 92° C zu erreichen. Und das dauert eben so lange, wie es dauert.
Alle 1,5 Stunden sollten Sie die Kohle kontrollieren, nachfüllen. Neue Räucherspähne braucht es nicht zwingend, da nach meinen Grillexperimenten das Raucharoma am Anfang ins Fleisch zieht und durch weiter räuchern nicht zwingend verstärkt wird. Bei jeder Kontrolle würde ich das Fleisch wenden.
Panisch wird man gerne dann, wenn es zwischendurch mal einfach nicht weiter geht mit dem Temperaturanstieg. Das ist ganz normal! Das nennt der austrainierte Grillologe "Plateau-Phase". Schon nach rund 4 Stunden ist die Kerntemperatur bei 60°C und da denkt der Grillneuling gernen "höhöhö ... dann isses ja gleich soweit ... ich schneide schon mal die Semmeln auf". Glückwunsch - Sie haben dann trockene Semmeln. Die erste Plateau-Phase hat man meist zwischen 65 und 70° C und da kann es auch einfach mal für ein paar Stündchen dabei bleiben. Nich nervös werden. Bier dekapsulieren. Anstoßen. Zurücklehnen und nen Mop machen. Wat? Na sie brauchen doch was zum Moppen!
DAS MOPPEN
Wenn die Kerntemperatur die 70° geknackt hat, dann beginnt das Moppen - damit meint man das regelmäßige bestreichen mit einer Marinade. Wer es sich einfach machen will, der kann hier eine fertige BBQ-Soße nehmen. Wenn man sich aber so viel Arbeit mit einem Stück Fleisch macht, dann kann und sollte man aber auch diese Marinade selbst machen.
Hier mal eine Anregung:
Ich schnappe mir ein paar Kellen Flüssigkeit aus der Wanne unter dem Nacken. In einem Löffel
Ghee schwitze ich eine fein gehackte Zwiebel glasig an. Ablöschen mit einem guten Schuss Bourbon. Wenn man durch die Grillerei angestachelt in Flammenlaune ist, dann kann man hier auch flambieren! Dann gieße ich die Flüssigkeit aus der Wanne an. Aufkochen. Jetzt würze ich mit etwas Rauchsalz, einer Chilischote und einem EL braunem Zucker und geben eine Dose passierte Tomaten dazu. Das wieder kurz aufkochen und ich habe eine sensationelle BBQ-Soße, die sich toll zum Moppen eignet.
Was man auch noch hinzufügen kann:
- Knoblauch
- Ingwer
- Senf
- Kräuter
Zum Moppen eigenen sich auch koreanische Soßen, etwas die Marinade für Bulgogi.
Wenn der grillende Moppel die Soßenentscheidung getroffen hat, dann kann das Moppen beginnen. Immer dann, wenn man die Kohle checkt, also alle 1,5 Stunden, wird gemoppt. Also das Fleisch einmal rundum eingepinselt.
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Der Moppel will bepinselt werden |
Wenn nun irgendwann das Fleisch seine angestrebte Kerntemperatur hat, dann sieht es etwa so aus:
Dann kann man sich ans zerrupfen machen:
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gepulled es ist |
Dann verpasse ich dem Fleisch nochmal eine Marinade: Es bekommt einen Schlenker mit dem restlichen Mop, einen guten Schuss Essig und eine Kelle aus der Flüssigkeit der Wanne.
Und jetzt kann man sich das schönste Sandwich der Welt bauen! Mmmmmm!
B - ZUBEREITUNG IM OFEN
Wer jetzt keine Zeit oder keine Nerven hat 20 Stunden lang um so ein Stück Fleisch herumzuschlawenzeln oder wer keinen Grill hat oder wenn grade Winter ist mit -20° C und Eisregen und Wirbelsturm - dann ist der Ofen auch eine Alternative. Das geht tatsächlich total stressfrei und super einfach.
Wir beginnen am Tag vor dem geplanten Verzehr, da das Fleisch über Nacht im Ofen bleibt!
Den Ofen auf 180° C vorheizen.
Nach dem Rub geht es in einen Bräter. Ich gebe dem Fleisch im Bräter gerne noch einen Schuss Flüssigkeit dazu: Apfelsaft, Ananassaft, ein Schuss Rotwein ... tun Sie, was ihr Herz ihnen sagt!
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Das Fleisch im Bräter |
Der offene Bräter bleibt bei 180° C ca. 1 Stunde im Ofen. Dann wird der Bräter mit einem Deckel abgedeckt und die Temperatur auf 95° C reduziert. So schmurgelt das Schwein jetzt vor sich hin, bis man es braucht - mindestens 12 gerne aber auch 20 Stunden.
Im Ofen entfällt das Mopping, da das Fleisch die ganze Zeit im eigenen Saft liegt.
Wenn das Fleisch zum Einsatz kommt nehme ich zuerst das Fleisch vorsichtig aus der es nun umgebenden Flüssigkeit - vorsichtig deshalb, weil es so zart ist, dass es beim Herausheben gerne durch sein Eigengewicht zerfällt.
Die Flüssigkeit gieße ich durch ein Sieb und stelle sie auf die Seite - auf keinen Fall wegkippen!
Nun wird das Fleisch zerpflückt.
Ich mariniere mit zwei drei Kellen der beiseite gestellten Flüssigkeit und einem guten Schuss Essig.
Aus dem Rest der beiseite gestellten Flüssigkeit kann man eine tolle BBQ-Soße bastel oder PulledPork-Schmalz gewinnen. Dazu die Flüssigkeit erkalten lassen und das oben abgesetzte Fett vorsichtig entnehmen: Bestes Schmalz wo gibt!
PULL IT!!
WAS MAN SONST NOCH PULLEN KANN?
Muss der Pulleralarm zwangsläufig schweinern sein? Nö, natürlich nicht! Man kann fast alles in diese magische Konsistenz versetzen - besonders prominent sind die folgenden Pullereien:
PULLED BEEF
Das funktioniert im Prinzip wie das Pulled Pork. Nur eben mit Rind. Auch hier eignet sich der Hals - geht aber auch mit der Brust. Bei der Temperatur würde ich 5° C weniger ansetzen, aber alle anderen Parameter belassen.
PULLED SALMON
Jawoll - mit Lachs geht das auch. Allerdings reichen hier 40 Minuten auf dem Grill oder im Ofen locker aus. Beim Rub und bei der Marinade passt Zitronenschale super dazu und gerne auch etwas gemörserte Fencehlsamen. Kräuter machen sich in allen Kombinationen gut dazu.
PULLED CARROTS
Das ist missverständlich - denn hier wird nicht gepulled. Man hat aber mit den Pulled Carrots eine wirklich leckere vegetarische/vegane Alternative zum Pulled Pork. Und so geht's:
- 1 kg Karotten in dünne Scheiben verarbeiten
- Mit dem oben beschriebenen Rub einreiben - Alternative dazu, wenn es schnelle gehen soll: mit Ras el Hanout und Chilipulver bestreuen
- Ein Glas O-Saft darüber verteilen und mit Olivenöl betreufeln
- Bei 180° C eine Stunde in den Ofen schieben.
Voilá: Pulled Carrots. Die passen auch wirklich gut zum Pulled Pork.